Freitag, 08. November 2019 18 Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jährlich im Müll. Wer weggeworfene Lebensmittel mitnimmt, macht sich aber strafbar - bislang. Zwei wegen Diebstahls verurteilte Studentinnen reichen nun eine Verfassungsklage ein. Sie wollen das Containern entkriminalisieren. Paprika und Schokopudding machten Caroline und Franziska zu verurteilten Diebinnen. Nicht etwa Paprika und Schokopudding, die die beiden aus dem Supermarktregal haben mitgehen lassen. Sondern Paprika und Schokopudding, die - die Packungen leicht beschädigt und mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum - bereits in einem Müllcontainer auf ihre Entsorgung warteten. Caroline und Franziska containerten, retteten also weggeworfene Lebensmittel vor ihrer Vernichtung - und wurden dafür verurteilt. Nun reichen sie Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Und stoßen damit eine moralische und juristische Debatte an. Darf man Lebensmittel einfach wegwerfen oder sollte man sie retten?
"Containern ist kein Verbrechen! Wir können und wollen nicht schweigend akzeptieren, dass Lebensmittelverschwendung in Deutschland ohne rechtliche Folgen bleibt, während gleichzeitig jene verfolgt werden, die gegen Lebensmittelverschwendung aktiv werden", schreiben sie in ihrer Petition gegen die Kriminalisierung von Containern, die bereits über 150. 000 Menschen unterzeichnet haben. Und das ist nicht alles: Das höchste deutsche Gericht soll ihre Verurteilung aufheben und in einem Grundsatzurteil dafür sorgen, dass künftig keine Ermittlungsverfahren wegen Containerns mehr eingeleitet werden können. "Containern ist nicht sozial schädlich" Unterstützt werden die Studentinnen von der Gesellschaft für Freiheitsrechte, die in strategischen Prozessen Grundsatzurteile erstreiten und so die Grundrechte stärken will. "Es ist völlig unverhältnismäßig, Containern mit Strafrecht zu ahnden", sagt Juristin Sarah Lincoln, die den Fall betreut. Und es besteht durchaus Grund zur Hoffnung, dass das Bundesverfassungsgericht das ebenso sehen könnte.