Diesen legt Ofczarek, der mit weißer Schminke, steilen Augenbrauen und rotem Mund an Gründgens Mephisto-Darstellung gemahnt, als karrieregeilen Egozentriker an, der sein Umfeld ebenso hypnotisiert wie verstört. Und trotz des unaufhaltsamen Aufstiegs, ermöglicht durch den Ministerpräsidenten ( Martin Reinke) und dessen Ehefrau Lotte Lindenthal (der Inbegriff der resoluten deutschen Frau: Petra Morzé), schleichen sich immer wieder Zweifel in seine Gesichtszüge. Wird sein Plan, das "System" von innen zu unterwandern, aufgehen? Spätestens, als es dem von ihm versteckten Juden sowie seinem Geliebten Julien an den Kragen gehen soll, zweifelt er an seinem Einfluss. Hin- und hergerissen zwischen Scheuklappendenken, Machtstreben und Selbstzweifeln bäumt sich Ofczarek zu einer tragischen Figur auf, die die Sympathien des Publikums gewinnt. Wie hätte man selbst reagiert? Hat er nicht alles versucht? Oder ist er doch jenes skrupellose Arschloch, als das man ihn auch sehen kann? Wie sehr sich Höfgen in die Hände der nationalsozialistischen Machthaber begeben hat, wird etwa in einer Szene deutlich, in der der Ministerpräsident ihm jenes Geschirr anlegt, an dem er für den restlichen Abend mittels Seil in die Höhe gezogen wird: Doch Ofczarek schwebt nicht, er taumelt.
37 Jahre danach eröffnete das Burgtheater nun mit "Mephisto" die Saison, und mit Nicholas Ofczarek spielte ein Schauspieler die Hauptrolle, dem durchaus zuzutrauen wäre, gegen Brandauer zu bestehen. Dass daraus nichts wurde, ist dem Regisseur Bastian Kraft zuzuschreiben, der ein paar krasse Fehlentscheidungen getroffen hat. Erstens greift er auf eine denkbar biedere, langweilige Form von Dramatisierung zurück: Der Autor selbst tritt als Erzähler auf. Zweitens lässt er den Hauptdarsteller nie sein Gesicht zeigen: Die erste Hälfte absolviert Ofczarek in der klassischen Mephisto-Schminke, nach der Pause tritt er mit einer bizarren Latexmaske auf, und wenn er diese endlich abnimmt, kommt darunter eine Clownsfratze zum Vorschein. Dass sich hinter der Maske des Schauspielers wieder nur eine Maske befindet, ist natürlich Konzept. Aber dieses Konzept behindert mehr, als es ermöglicht. Der lange Abend enthält außerdem die schlechteste Hitler-Parodie (Sylvie Rohrer) seit Beginn der Aufzeichnungen.
1965, seit 1992 als freischaffende Kostümbildnerin tätig. Eine enge Zusammenarbeit verbindet sie u. a. mit Martin Kušej, dem künftigen Intendanten des Burgtheaters, bei seinen Produktionen am Residenztheater München. Arbeitet neben dem Sprechtheater auch für die Oper. Stefan Hageneier, Bühnenbildner geb. 1972, deutscher Bühnenbildner, gelernter Holzbildhauer, seit 1996 ist er als freier Bühnenbildner tätig. Von 2001 bis 2011 als fester Bühnenbildner am Bayerischen Staatsschauspiel, aber auch an zahlreichen weiteren deutschsprachigen Theatern, darunter die Passionsspiele Oberammergau. Seit 2011 ist Stefan Hageneier Professor für Bühnen- und Kostümbild an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Rainer Jörissen, Komponist geboren in Krefeld, studierte Musik in Essen und Köln. Seinen ersten Kontakt mit dem Theater hatte er 1987 bei Peter Zadeks Inszenierung von »Andi« am Schauspielhaus Hamburg. Seitdem schrieb er zahlreiche eigene Bühnenmusiken. Seit 2002 arbeitet er kontinuierlich mit Tina Lanik zusammen.
Home Kultur Theater 12. September 2018, 18:51 Uhr Theater: Kampfloses K. o. Vielleicht könnte Dörte Lyssewski als Barbara Bruckner diesem verunglückten Mephisto (Nicholas Ofczarek) zeigen wo's langgeht. (Foto: Reinhard Werner/Burgtheater) Das Wiener Burgtheater eröffnet die Spielzeit mit "Mephisto" - ein Stück, das an dem Haus lange gemieden wurde. Mit gutem Grund, wie diese Inszenierung beweist. Von Wolfgang Kralicek Klaus Manns Schlüsselroman "Mephisto" von 1936 erzählt die kaum verschlüsselte Geschichte des deutschen Schauspielers und Regisseurs Hendrik Höfgen alias Gustaf Gründgens, der erst als Mephisto gefeiert wurde und im Nationalsozialismus dann selbst einen Teufelspakt einging: Er arrangierte sich mit dem Regime, um Karriere zu machen. Literarisch ist der Roman kein Meisterwerk, aber das Thema und die Bombenrolle machen ihn für das Theater enorm attraktiv; unzählige Male wurde er schon auf die Bühne gebracht. Dafür, dass er im Wiener Burgtheater erst jetzt auf dem Spielplan steht, ist ausgerechnet ein Burgschauspieler verantwortlich: Klaus Maria Brandauer war 1981 in István Szábos Verfilmung so gut, dass bisher niemand wagte, sich mit ihm zu messen.
Hier überzeugt Simon Jensen als gewiefter, aber seinem Geliebten schließlich doch höriger Jüngling. Lang anhaltender Applaus für die starken Ensembleleistungen und die mutige Regie beendeten einen Abend, der es unaufdringlich vermag, Parallelen zur heutigen Gesellschaft anklingen zu lassen, ohne sie zwanghaft in den Vordergrund zu stellen. " Mephisto " nach Klaus Mann in einer Fassung von Bastian Kraft (auch Regie). Mit u. a. Nicholas Ofczarek, Fabian Krüger, Dörte Lyssewski, Peter Knaack und Sylvie Rohrer. Weitere Termine am Burgtheater: 13., 22. und 25. September sowie am 3., 12., 15. und 26. Oktober. Infos und Karten unter